Erster Jahrestag des „Atomausstiegs“ in Deutschland

b_215_215_16777215_0_0_images_stories_akt23_230415-abschaltfest_Bilder_230416-Abschaltfest-Neckarwestheim-019.jpgDer 15. April 2024 ist der erste Jahrestag des „Atomausstiegs“ in Deutschland. Vor einem Jahr wurden die letzten drei Atomkraftwerke, auch Neckarwestheim 2 abgeschaltet.
Dies war und ist ein großer Erfolg der Anti-AKW-Bewegung, denn das Abschalten wurde durch den jahrzehntelangen Widerstand gegen den Betrieb der AKWs und der Produktion von weiterem hochradioaktivem Atommüll erreicht.
Doch das Thema Atom und weitere Energiewende sind noch lange nicht vorbei!

AKW-Aus - Radioaktivität lässt sich nicht abschalten!
Es entsteht seit einem Jahr kein weiterer hochradioaktiver Atommüll durch die Produktion von Atomstrom mehr. Jedoch müssen die strahlenden Brennelemente im Reaktorkern auch in den nächsten Jahren weiter gekühlt werden – siehe Super-GAU in Fukushima.
Und im Standort-Zwischenlager werden in den beiden Tunnelröhren voraussichtlich 122 CASTOREN mit hochradioaktivem Atommüll stehen. Klar ist jetzt schon, dass diese dort weit über den bisher genehmigten Zeitraum von 2046 strahlen werden. Denn die Frage der Langzeitlagerung ist immer noch vollkommen ungeklärt. Nach der aktuellen Zeitschiene soll ein Langzeitlager in 80 - 100 Jahren eingerichtet werden.

AKW-Rückbau in Neckarwestheim
GKN 1 hat ca. 500.000 Tonnen Abrissmüll, GKN 2 ca. 800.000 Tonnen.
Für den AKW-Abriss wurden zwei neue Gebäude im Steinbruch errichtet. Ein Gebäude zum Bearbeiten von radioaktiv verstrahlten Materialien wie Beton, Metalle usw. Das Ziel ist, mit der Radioaktivität unter die Grenzwerte zu kommen - die sogenannte Freimessung. Dies, damit das Abrissmaterial - wie offiziell verkündet wird - wieder dem „Wertstoffkreislauf zugeführt“, also beispielsweise im Straßen- oder Gebäudebau usw. eingesetzt werden kann.
Das zweite Gebäude ist ein neues Atommülllager mit einer unbefristeten Genehmigung.
Dort wird das radioaktive Material oberhalb der Grenzwerte gelagert. Dies gilt auch für hochradioaktiv strahlende Teile aus dem Abriss. Es hat Platz für bis zu 2600 Behälter.

Die Uranfabrik in Gronau läuft weiter
Die Uranfabrik in Gronau ist ein internationaler „Dreh- und Angelpunkt“ für (angereichertes) Uran. Es bestehen enge Geschäftsbeziehungen nach Frankreich und zu Rosatom, dem russischen Atomkonzern. Es finden permanent Uran-Transporte mit Frankreich und nach Russland statt.

Die Brennelementefabrik in Lingen stellt Brennstäbe für 35 Atomkraftwerke in ganz Europa her.
Sie soll jetzt sogar in Zusammenarbeit mit Rosatom erweitert werden, damit dort dann auch Brennelemente für AKWs russischer Bauart produziert werden können. Der gesamte atomare Bereich fällt nicht unter die Sanktionen, die Atomgeschäfte laufen ungebremst weiter.

Karlsruher Institut für Technologie – KIT
In Karlsruhe wird weiter an bestehender und neuer Atomtechnologie gearbeitet und geforscht. Dies geschieht mit einem Jahresetat von über 1,6 Milliarden Euro. „Forschungszwecke“ sind unter anderem viel Geld für die Kernfusion (ein Milliarden-Endlosprojekt seit Jahrzehnten) und neue Generationen von AKWs.
Atomausstieg und Energiewende sehen anders aus!

EU-Taxonomie mit grünen Label für Atom und Gas
die seit dem letzten Jahr geltende neue EU-Taxonomie mit dem grünen Label für Atom und Gas behindert die weitere Energiewende und den Klimaschutz in Europa. Auch die Ampel-Regierung hat diesen Rückschritt akzeptiert.
Bei allen AKW-Neubauten in Europa gibt es große technische Probleme, die Kosten haben sich vervielfacht und die Zeitschienen zur Fertigstellung sind Makulatur. Der Neubau von AKWs rechnet sich finanziell seit langem nicht mehr. Er ist nur noch durch staatliche oder Hilfen vom Finanzmarkt möglich. Genau dies soll mit der neuen EU-Taxonomie erreicht werden. Deshalb haben neben Frankreich auch andere europäische Länder wieder AKW-Neubaupläne.
Diese neue Atomspirale in Europa, die auch einen militärischen Hintergrund hat, muss verhindert werden. Zur EU-Taxonomie findet Ihr hier auf unsere Homepage einen aktuellen Flyer.

Energiewende in Europa und in Deutschland

  • Im vergangenen Jahr wurden rund 44 Prozent des Stroms in der EU durch Erneuerbare Energien erzeugt. Das ist einer KfW-Studie zufolge ein "neuer Höchstwert".
    Die Förderbank kritisiert aber das noch zu langsame Tempo. Der Anteil fossiler Energieträger fiel auf 34 Prozent, die übrigen rund 23 Prozent entfielen auf Kernenergie. Nur 14 von 27 EU-Staaten haben Atomkraftwerke. Frankreich mit 56 AKWs den höchsten Atomstrom-Anteil mit vielen Versorgungs- und Sicherheitsproblemen durch die Überalterung der AKWs.
  • Auch in Deutschland gab es 2023 einen neuen Rekord bei der Netto-Stromerzeugung durch die Erneuerbaren mit 57% des Strombedarfs. Der Anteil von Wind an der gesamten Stromerzeugung in Deutschland lag bei 32%, der Anteil der  Photovoltaik bei 12%. Der Zubau bei neuen Photovoltaik-Anlagen hatte eine Leistung von 13.000 Megawatt und stellt somit einen neuern Rekordwert dar. Erreicht wurde dies durch Privatpersonen und Gewerbebetriebe.
  • Der Zubau bei Wind lag mit nur 2700 Megawatt - wie bereits seit vielen Jahren - deutlich unter den Zielvorgaben. Dies ist immer noch die Folge der seit 2017 noch weiter geltenden Ausbremsregelungen für den Zubau von Erneuerbaren. Bei Wind sind dies der bürokratische Ausschreibungszwang für jedes Windrad und jeden Windpark durch die Bundesnetzagentur. Und dazu kommt noch die Unsicherheit bei den Vergütungen über die Laufzeit der Anlagen von 20-30 Jahren.

Hintergrund der Auseinandersetzung sind die Besitz- und Erzeugungsstrukturen
Es geht in Deutschland und in Europa um die Frage: weiter mit zentralen Großstrukturen und Konzern-Besitzverhältnisse oder dezentrale und umweltfreundliche Erzeugung unter anderen Besitzverhältnissen?
Die regenerative und dezentrale Energiewende führt zu neuen Besitz- und Produktionsverhältnissen bei Erzeugung, Speicherung und Verteilung. Sie wird vorwiegend auf regionaler Ebene geplant und umgesetzt und überregional eingebunden. Es gibt viele klimafreundliche Energiewende-Anlagen. Hauptakteure sind alle Bürger*ìnnen, die sich engagieren, und vor allen Dingen Stadtwerke. Zu den Hauptakteuren gehören auch Betriebe und Unternehmen, die ihren eigenen Strom und Wärme erzeugen wollen.

Die direkte Nutzung von Erneuerbaren ist am effektivsten, verursacht die geringsten Kosten und ist umwelt- und klimafreundlich. Dies gilt beim Strom, der Wärme und bei der Mobilität.