SWR, 15.03.11
> Stuttgart
> Neckarwestheim I wird endgültig stillgelegt
Das Atomkraftwerk Neckarwestheim I wird stillgelegt. Das hat der baden-württembergische  Ministerpräsident Stefan Mappus (CDU) im Stuttgarter Landtag angekündigt. Die Betreiberin  EnBW will auch den Reaktor Philippsburg I bald vorübergehend abstellen.
AKW Neckarwestheim (links), AKW Philippsburg (rechts)
 * Neckarwestheim I und Philippsburg I
Neckarwestheim I soll schon in den nächsten Tagen für immer vom Netz gehen. Zur  Begründung hieß es seitens der EnBW, die Anforderungen des baden-württembergischen  Umweltministeriums zu Nachrüstungen für Neckarwestheim I führten nach Ansicht des  EnBW-Vorstands dazu, dass ein dauerhaft wirtschaftlicher Betrieb des Meilers nicht mehr  darstellbar sei. In Kürze werde auch das Atomkraftwerk Philippsburg I bei Karlsruhe  abgeschaltet. Allerdings will die EnBW vor diesem Schritt die Verhandlungen mit der  Bundeskanzlerin abwarten, sagte ein Sprecher.
Mappus sagte, nach dem Atom-Desaster in Japan stelle sich die Frage der  "Verantwortbarkeit der Kernkraft" neu. Er habe sich bisher rational zur Atomkraft bekannt und  aus wirtschaftlichen Gründen die Verlängerung der Laufzeiten der Meiler befürwortet. "Aber  ich bin kein Atom-Ideologe." Er strebe nun einen "neuen Energiekonsens" in der Gesellschaft  an. Dies könne aber nicht heißen, sofort alle Atomkraftwerke abzuschalten.
Auch ein Sprecher des Umweltministeriums in Stuttgart sagte: "Wir erwarten nicht, dass man  auf den roten Knopf drückt, sondern eher ein geordnetes Runterfahren." Schließlich müsse  auch die Netzstabilität gewährleistet sein. Mit den beiden Meilern gingen dem Land mehr als  20 Prozent der Stromerzeugung verloren - eine Lücke, die mit einer Erhöhung des  Importstromanteils von derzeit zehn Prozent geschlossen werden soll. Atomstrom liefern  dann noch Neckarwestheim II und Philippsburg II. Bislang entfiel auf die Kernkraft die Hälfte  der Stromerzeugung im Land.
Sieben AKW werden abgeschaltet
Das baden-württembergische AKW Neckarwestheim I ist 1976 ans Netz gegangen,  Neckarwestheim II 1989. Philippsburg I ging 1979 ans Netz, Philippsburg II 1984.
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte heute in Berlin nach einem Treffen mit den  Ministerpräsidenten der Länder, in denen Kernkraftwerke betrieben werden, bekannt  gegeben, dass sieben deutsche Atomkraftwerke, die vor Ende 1980 in Betrieb gegangen  sind, vorübergehend für drei Monate abgeschaltet werden. Neben den beiden baden-württembergischen Reaktoren zählen dazu auch die Atommeiler Biblis A und B in Hessen  sowie Brunsbüttel, Isar I und Unterweser. Zudem bleibt das nach Pannen abgeschaltete  AKW Krümmel in Schleswig-Holstein vom Netz getrennt. Der Opposition ist das zu wenig.  SPD und Grüne hatten schon vor dem Treffen erklärt, die Bundesregierung solle zum früher  festgelegten Atomausstieg der damaligen rot-grünen Regierung zurückkehren.
Der baden-württembergische Ministerpräsident Stefan Mappus (CDU) hat bestritten, dass  der Beschluss über das Aussetzen der Laufzeitverlängerung mit der bevorstehenden  Landtagswahl zusammenhängt. "Ich mach' keine Kehrtwende", sagte er. "Was wir tun, ergibt  sich aus sich selbst heraus. Ich glaub', es ist die einzige Möglichkeit, es so zu machen, wie  wir's machen", sagte Mappus und sprach von einem "emotionalen Ausnahmezustand" für die  Bürger angesichts der Bilder von der Atomkatastrophe im japanischen Fukushima. Zuvor  hatte die Opposition Zweifel an den Beweggründen für das Umdenken der Regierung in der  Atompolitik geäußert.
Künftiger Kurs der Atompolitik
Bundeskanzlerin Angela Merkel (r) und Baden-Württembergs Ministerpräsident Stefan  Mappus (beide CDU) vor Pressekonferenz zu Atommeilern
 * Mappus (l) und Kanzlerin Merkel (r)
Derzeit gibt Mappus im Landtag den künftigen Kurs in der Atompolitik nach der nuklearen  Katastrophe bekannt. Die CDU-Fraktion hatte die außerplanmäßige Sitzung des Parlaments  beantragt, um über die Folgen für die Energiepolitik in Baden-Württemberg zu diskutieren.
Die Sonderprüfung bei Atomkraftwerken im Land hat nach Angaben des Umweltministeriums  keine Sicherheitsmängel offen gelegt. "Die gründliche Prüfung der Notstromeinrichtungen hat  ergeben, dass diese in gegen Erdbeben und Überflutung gut geschützten Gebäuden  untergebracht sind", teilte das Ministerium mit.
Hohe Einbußen
Die Stadt Neckarwestheim verliert rund 250 Arbeitsplätze und mehrere Millionen Euro an  Steuern, wenn das Atomkraftwerk Neckarwestheim I dauerhaft abgeschaltet bleibt. Das  3.500-Einwohner-Städtchen sei vorbereitet und habe Rücklagen geschaffen, sagte  Bürgermeister Mario Dürr (parteilos). Mit dem Rückbau des Reaktors werde begonnen,  sobald klar sei, dass der zweitälteste deutsche Meiler von 1976 abgeschaltet bleibt. Rund 15  Jahre werde es dauern.
"Donnerschlag erlebt"
Der baden-württembergische FDP-Spitzenkandidat und Justizminister Ulrich Goll hält die  Atomenergie für ein Auslaufmodell. "Wir müssen so schnell wie möglich raus aus der  Versorgung mit Atomstrom", so Goll im SWR. Deswegen sei er dafür, ältere Atomkraftwerke  wie Neckarwestheim I oder unsichere Reaktoren wie Philippsburg 1 sofort und dauerhaft  vom Netz zu nehmen. "Ich glaube, dass wir unsere Anstrengungen erheblich verstärken  können, zu alternativen Energien zu kommen, und dass wir das auch tun sollten", sagte Goll.  "Wir haben einen Donnerschlag erlebt", so der Minister.
http://www.swr.de/nachrichten/bw/-/id=1622/nid=1622/did=7762170/18ihs2j/index.html
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Aktionsbuendnis CASTOR-Widerstand Neckarwestheim
Info-tel 07141 / 903363 
http://neckarwestheim.antiatom.net
 	

 








